Die Arteriosklerose
DEFINITION
Die Arteriosklerose umschreibt eine Veränderung der
Blutgefäße, die als pathologischer Prozess einer Vielzahl von
Herz-Kreislauf-Komplikationen zugrunde liegt und folglich eine der
Hauptursachen für einen frühzeitigen Tod darstellt. Ausgehend von multikausalen
Endothelschäden tragen Lipid- und Kalziumeinlagerungen, Entzündungsprozesse
sowie eine Zunahme des Bindegewebes zum Verlust der Elastizität und zur
Verdickung der Gefäße bei. Im Laufe eines Jahrzehnte andauernden Prozesses
erhöht sich allmählich das Risiko für Gefäßverengungen, Thrombosen und
Gefäßverschlüsse und folglich für Komplikationen wie Herzinfarkte oder
Schlaganfälle.
An einigen Stellen in der Literatur wird synonym der
Begriff Atherosklerose verwendet, der die histologische Veränderung der Gefäße
mit Ausbildung von Atheromen (= arteriosklerotische Plaques) betont. Da
derartige Gefäßwandveränderungen in der Regel auf die Arterien beschränkt sind,
prägte sich ebenso der Begriff Arteriosklerose.
HÄUFIGKEIT
Arteriosklerose verläuft bis zum Auftreten von
Folgekomplikationen an sich symptomfrei. Gezielte Untersuchungen der Blutgefäße
erfolgen oft nur bei Vorliegen von gefäßschädigenden Erkrankungen wie Diabetes
mellitus, erhöhten Blutfettwerten oder Hypertonie. Eine Aussage über die
tatsächliche Häufigkeit ist folglich kaum möglich.
Die Tatsache, dass Folgeerkrankungen der Arteriosklerose
nach wie vor die häufigste Ursache für einen frühzeitigen Tod in den
Industriestaaten darstellen, verdeutlicht allerdings den Stellenwert, die die
Gefäßveränderungen für die öffentliche Gesundheit haben.
BEEINFLUSSBARE RISIKOFAKTOREN
Risikofaktoren, die die Arteriosklerose-Entstehung
direkt beeinflussen:
·
Rauchen (verschiedene Effekte wie
Endothelschädigung, HDL-Senkung, Störung der Endothelfunktion, erhöhte
Thromboseneigung etc.)
·
Hypertonie (Endothelschäden durch hohe
Druckbelastung)
·
Fettstoffwechselstörung mit erhöhtem LDL-
und/ oder Triglyzeridspiegeln bzw. erniedrigtem HDL-Spiegel (erhöhtes
Risiko für Cholesterinoxidation und Einlagerung in die Gefäßwand, insbesondere
bei Vorliegen vieler kleiner small-dense LDL Partikel)
·
Diabetes mellitus (möglicherweise
direkt Gefäßschädigung durch Interaktionen der Blutglucose mit Strukturen der
Gefäßwände)
Risikofaktoren, die die Arteriosklerose-Entstehung
indirekt beeinflussen:
·
Übergewicht und Adipositas,
insbesondere viszerales Bauchfett (erhöhtes Risiko für Hypertonie,
Fettstoffwechselstörungen und Diabetes mellitus; Freisetzung atherogener
Adipokine aus dem Fettgewebe)
· Hochkalorische
Ernährung mit hoher Zufuhr an verarbeiteten Lebensmitteln (gehärtete Fette,
oxidierte Fette, Zucker, raffinierte Kohlenhydrate) und niedriger Zufuhr von
Gemüse, Obst und ungesättigten Fettsäuren
· Bewegungsmangel
(Förderung von Übergewicht und dessen Folgeerkrankungen, erhöhter
oxidativer Stress, erhöhte Thromboseneigung)
· psychosomatische
Einflüsse, insbesondere chronischer Stress (Adrenalin, Noradrenalin)
·
Alkoholmissbrauch (14 Gläser und mehr
pro Woche gehen häufiger mit Arteriosklerose und KHK einher als geringer
Alkoholkonsum)
MÖGLICHER MECHANISMUS DER ARTERIOSKLEROSE-ENTSTEHUNG
Phase 1: Gefäßschädigung
Zu Beginn tritt eine Funktionsstörung des
Gefäßendothels auf. Diese Zellschicht kleidet die Blutgefäße aus und beschränkt
den Durchtritt bestimmter Stoffe vom Blut in das umgebende Gewebe. Ist diese
Barrierefunktion beispielsweise durch kleine Verletzungen in der Gefäßwand
gestört, können einige Stoffe ungehindert einwandern. Besonders der Eintritt
von LDL-Cholesterin ist für die Entwicklung der Arteriosklerose entscheidend.
Festgesetztes LDL kann durch Radikale leicht oxidiert werden.
Phase 2: Entzündung
Der Körper reagiert auf oxidiertes LDL wie auf einen
Fremdstoff und aktiviert zur Bekämpfung das Immunsystem. So fördert oxidiertes
LDL unter anderem das Andocken von immunologischen Vorläuferzellen (Monozyten)
an die Gefäßwand und deren Umwandlung zu aktiven Fresszellen (Makrophagen).
Makrophagen sondern Entzündungs- und Wachstumsfaktoren wie Zytokine ab.
Hierdurch werden einerseits immunologische Prozesse verstärkt. Andererseits
tragen die Wachstumsfaktoren zu einer vermehrten Teilung von glatten
Muskelzellen in der unterhalb des Endothels liegenden Muskelschicht bei.
Phase 3: Wucherung glatter Gefäßmuskelzellen
Stimuliert durch die Wachstumsfaktoren teilen sich die
glatten Muskelzellen, wodurch die Muskelschicht der Gefäße wächst und dicker
wird. Dieser Prozess trägt unter anderem zur Gefäßverengung bei. Zudem wandern
Gefäßmuskelzellen zunehmend aus der Muskelschicht in die Endothelschicht ein.
Phase 4: Schaumzellbildung
LDL-Partikel, die in das geschädigte Gefäßendothel
eindringen, werden leicht oxidiert. Derart veränderte Partikel stimulieren den
Einstrom von Monozyten, die sich zu Makrophagen umwandeln. Oxidiertes LDL wird
von den Immunzellen nicht über den herkömmlichen, regulierten LDL-Rezeptor
aufgenommen, sondern über einen unregulierten Scavenger-Rezeptor. LDL strömt
folglich ungehindert in die Makrophagen ein, die sich in Folge der Cholesterin-
und Lipidüberladung zu immobilen Schaumzellen umbilden.
An den Gefäßwänden sind diese als Lipidflecken (fatty
streaks) zu erkennen. Die weitere Aufnahme des oxidierten LDLs führt
letztendlich zum Platzen der Schaumzellen, wodurch sich die enthaltenen Lipide
und das Cholesterin im umgebenden Gewebe verteilen. Dadurch werden weitere
Makrophagen angelockt, die wiederum zu Schaumzellen umgebildet werden.
Durch die fortlaufende Entstehung von Schaumzellen,
dem Aufplatzen dieser und dem Freisetzen von Lipiden sowie Cholesterin wachsen
in der Gefäßwand allmählich Lipidkerne (arteriosklerotische Plaques) heran.
Phase 5: Atheromatöse Plaques
Über der Plaque (Ablagerung) bildet sich eine Schicht
aus Bindegewebe (fibröse Kappe), die den Gefäßschaden anfangs abdichtet.
Innerhalb der Plaques befinden sich Schaumzellen, freigesetzte Lipide und
Cholesterin sowie aus der Muskelschicht eingewanderte glatte Gefäßmuskelzellen.
Weiterhin sterben zunehmend Endothelzellen ab (Zellnekrosen), Immunzellen
wandern ein und lagern sich teilweise als Kalziumkristalle (Verkalkung) ab. All
diese Prozesse tragen dazu bei, dass die Plaques wachsen und zunehmend das
Blutgefäß verengen. Gleichzeitig wird die bedeckende Bindegewebsschicht immer
dünner, bis diese letztendlich reißt.
Phase 6: Ischämie und Thrombose
Das Gerinnungssystem versucht diesen Riss zu
schließen, indem sich Blutplättchen (Thrombozyten) an die geschädigte Stelle
anlagern. Das bereits verengte Blutgefäß wird somit noch weiter verstopft. Dies
führt entweder zu einer Minderdurchblutung (Ischämie) des zu versorgenden
Gewebes oder zu einem kompletten Gefäßverschluss (Thrombose). Letzteres führt
zu einem völligen Stopp der Nähr- und Sauerstoffversorgung des zu versorgenden
Gewebes und damit zu schweren Schäden. Je nach Körperregion, in der die Thrombose
auftritt, können beispielsweise Herzinfarkte, Schlaganfälle oder abgestorbene
Extremitäten (Gangräne) die Folge sein.
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